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Boris Kasper Progress Professionals #BT019 Blog Destruktives Leadership Titel

Was das für Leistung und Teams bedeutet – und wie Sie es vermeiden

Destruktives Leadership ist nicht nur der häufigste Kündigungsgrund. Bevor es zu einem Arbeitsplatzwechsel kommt, hat negatives Führungskräfte-Verhalten längst viele andere enorme Folgen: Mitarbeitenden-Zufriedenheit und -Bindung nehmen ab sowie auch die positive Arbeitseinstellung und Leistungsbereitschaft – bis hin zu bewusst kontraproduktivem Verhalten. Zurecht gilt ein destruktiver Führungsstil im Business 4.0 als echtes No-Go. Darum ist es wichtig, ihn bewusst zu erkennen und gezielt zu vermeiden: nicht zuletzt, um Mitarbeitende im Unternehmen und ihre Motivation optimal zu halten.

 

Destruktives Leadership: eine kurze Definition

Destruktives Leadership wird in der aktuellen Forschung zum Thema Führung definiert als: gewolltes, schädliches, feindliches und/oder hinderliches (Einfluss-)Verhalten einer Führungskraft gegenüber ihren Geführten. Das heißt nun noch lange nicht, dass ein Leader unfehlbar zu sein hätte, um als positiv gelten zu können. Hat eine Führungskraft mal einen schlechten Tag und lässt die entsprechende Stimmung dann an ihrem Team aus, ist das per se kein destruktives Leadership – sondern erstmal einfach menschlich. Bedenklich wird es allerdings, wenn ein Leader wiederholt oder gar generell negative Stimmungen an seine Mitarbeitenden weitergibt und die eigenen Launen am Team auslässt. Um deutlicher zu machen, was einen destruktiven Leadership-Stil ausmacht, kann man das entsprechende Führungsfehlverhalten in sieben Kategorien zusammenfassen:

Unhöflichkeit und rücksichtsloses bzw. taktloses Verhalten: Natürlich sollte im Arbeitsalltag höflich mit einander umgegangen werden! Gutes Leadership zeichnet sich zudem aber durch stets eingehaltenen Respekt und gezeigte Wertschätzung in Ton und Verhalten aus – selbst in Stress- und Konfliktsituationen.

Kritik vor anderen: Konstruktive Kritik ist nicht nur erlaubt, sondern wesentlicher Bestandteil von fairen und zielführenden Feedback-Gesprächen. Dabei geht es allerdings ausschließlich um das sachliche Erkennen von Mängeln – und zwar innerhalb des Leistungsrahmens und niemals persönlich am Menschen. Mitarbeitende durch Kritik zu rügen, abzustrafen und dies auch noch vor anderen, ist statt konstruktiv tatsächlich nur destruktiv.

Öffentliche Herabsetzung und Demütigungen: Ob vor Dritten oder unter vier Augen – Führungskräfte sollten sich grundsätzlich niemals erlauben, Mitarbeitende durch ihr Verhalten, den Ton oder ihre Wortwahl herabzusetzen oder gar zu demütigen. Die persönliche Kränkung und der psychische Schaden sind allerdings noch größer, wenn dies vor Publikum geschieht.

Laute, ärgerliche (und grundlose) Wutanfälle: Sicher gibt es für jeden Leader mal Momente der Enttäuschung und vielleicht sogar der Verzweiflung. Ganz und gar unabhängig vom Grund haben laute Ausbrüche, zur Schau getragener Ärger und an anderen ausgelassene Wut aber im professionellen Arbeitsumgang nichts zu suchen – und mit einem guten Führungsstil erst recht nichts zu tun.

Zurückhalten von notwendigen Informationen: Hält ein Leader für das Team nötige Informationen zurück, enthält er Mitarbeitenden damit wichtige Arbeitsgrundlagen vor – das kann effizientes Arbeiten sogar unmöglich machen. Außerdem werden Wissenseliten gefördert, wenn Informationen nicht transparent sind für alle, die sie bräuchten. Diese Wissenseliten führen in Teams zu unnötiger Konkurrenz und oftmals auch zu Neid.

Drohungen: Mitarbeitenden zu drohen, z.B. mit Jobverlust, Verantwortungsentzug oder Strafversetzungen verbietet sich von selbst – weil letztlich beim Drohen immer eine Abstrafung in Aussicht gestellt wird. Es ist aber keineswegs Aufgabe einer Führungskraft, zu bestrafen – sondern im Gegenteil, Mittel und Wege zur Verbesserung bereitzustellen.

Zwang und Nötigung: Man darf das ruhig vereinfacht sagen: Nutzt eine Führungskraft ihre Macht dazu, Mitarbeitende zu (mehr) Leistung zu zwingen oder gar zu nötigen, hat sie ihre Macht nicht genutzt, sondern eindeutig missbraucht. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Leistung nicht auf die eigentliche Arbeit bezieht oder gar sachliche und/oder sexuelle Gefälligkeiten eingefordert werden. Dann kann und sollte man statt von Führung generell von Entgleisung sprechen.

 

Destruktives Leadership – die negativen Folgen sind enorm: für Mitarbeitende, Teams und das ganze Unternehmen

Zumindest bezüglich der nicht ganz so offensichtlichen Punkte oben existiert noch heute teilweise der Irrglaube, destruktives Führungsverhalten könne die Mitarbeitendenleistung nach oben pushen. Dafür fehlt aber sowohl in der Forschungsliteratur als auch in der Praxis jeglicher messbarer Hinweis. Das Gegenteil ist der Fall: Auch wenn destruktives Leadership mancherorts vielleicht noch als „Führung mit harter Hand“ verharmlost wird, die negativen Folgen sind enorm. Längst nicht nur für die Beziehung zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft, sondern auch für die betroffenen Mitarbeitenden selbst – mit gravierenden Auswirkungen auf Teams und das ganze Unternehmen: Zufriedenheit, Bindung und Wohlbefinden sinken und auch die positive Arbeitseinstellung und Leistungsbereitschaft schwinden.

Boris Kasper Progress Professionals Blog #024 Folgen destruktiven Leaderships

Auf destruktives Leadership reagieren Mitarbeitende mit kontraproduktivem Arbeitsverhalten

Die Reaktion der betroffenen Mitarbeitenden auf destruktive Führung kann bis zum bewusst kontraproduktivem Arbeitsverhalten führen. Die häufigsten Gründe dafür sind laut Studien nämlich tatsächlich: Konflikte und negative Affekte am Arbeitsplatz und der Wunsch, den Arbeitsplatz gänzlich zu wechseln. Zudem zeigen Untersuchungen, dass kontraproduktives Arbeitsverhalten besonders wahrscheinlich auftritt, wenn die Arbeitszufriedenheit, die emotionale Bindung an den Arbeitsplatz und die dort wahrgenommen Gerechtigkeit niedrig sind: alles deutlich belegbar Folgen von destruktivem Leadership.

Was als kontraproduktives Arbeitsverhalten von Mitarbeitenden gilt

  • Unzivilisiertes Verhalten am Arbeitsplatz: Die Normen des Respekts in interpersonalen Beziehungen werden verletzt, rüdes und respektloses Verhalten gezeigt.
  • Abweichendes Arbeitsverhalten: Es wird freiwillig gegen Normen verstoßen und damit bewusst gegen das Wohlergehen von Unternehmen und Mitarbeitenden agiert.
  • Vergeltendes Verhalten: Auf wahrgenommene Ungerechtigkeit wird mit u.a. mit verdeckten Racheakten, psychologischem Rückzugsverhalten und schwachem Widerstand reagiert.
  • Fehlverhalten in Organisationen: Es werden absichtlich zentrale Normen und Regeln verletzt.
  • Emotionaler Missbrauch: Die Machtposition wird absichtlich durch wiederkehrendes verbales und nonverbales Verhalten missbraucht, das zwischenmenschliche Standards verletzt und andere schädigt.
  • Soziale Unterminierung: Negative Affekte wie Ärger und Antipathie werden offen ausgedrückt, andere vor Dritten negativ bewertet und/oder an ihrer Zielerreichung gehindert.
  • Aggressionen am Arbeitsplatz: Es wird Verhalten ausgelebt, das das eindeutige Ziel hat, andere oder den ganzen Arbeitsplatz emotional oder physisch zu schädigen.
  • Mobbing: Mitarbeitende werden von einzelnen oder Gruppen regelmäßig und für längere Zeit systematisch terrorisiert.

 

So vermeiden Sie destruktives Leadership – und beugen dadurch kontraproduktivem Arbeitsverhalten vor

Kritische Führungskräfte-Auswahl

Psychologische Tests im Einstellungsprozess sind in vielen Branchen längst nichts Außergewöhnliches mehr – zurecht. Geben sie doch wertvolle Aufschlüsse über die Persönlichkeit. Und die beeinflusst entscheidend, wer sich zum motivierenden statt destruktivem Leader eignet. Durch psychologische Interviews und eignungsdiagnostische Verfahren lassen sich Risikofaktoren für destruktives Führungsverhalten identifizieren: Dazu gehören nach zahlreichen Untersuchungen zum Beispiel eine niedrig ausgeprägte Gewissenhaftigkeit und mangelnde Selbstkontrolle.

Führungskräfte-Entwicklung und Leadership-Training

Wirklich alle Führungskräfte im Unternehmen sollten im Klaren darüber sein, dass die Haltung, destruktives Leadership sei wirkungsvoll für die Leistungssteigerung, ein echter Irrglaube ist. Darüber hinaus hilft es, in der Führungskräfte-Entwicklung deutlich zu vermitteln, welche gravierenden negativen Folgen ein destruktiver Führungsstil für Mitarbeitende, die Team-Effizienz und das Unternehmen selbst hat. Bei dieser Wissensvermittlung helfen u.a. Vorträge von externen Expert:innen, Thementage zu effizienter Führung und Workshops.

Regelmäßiges Leadership-Feedback hält Führungskräften einen fairen, aber eindrücklichen Spiegel zur Selbstreflexion vor. Dazu sollte immer auch die konstruktive Bewertung von Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen einfließen. Benannte Defizite im Führungsverhalten sollten dann allerdings nicht zur Abstrafung führen – sondern zu gezielten Angeboten für eine lernbare Optimierung: Leadership-Coachings und -Trainings z.B. mit Fokus auf Selbstkontrolle, emotionaler Intelligenz, dem Umgang mit Ärger und Kritik sowie zur Stärkung der Konfliktfähigkeit helfen Führungskräften effektiv, ihr Leadership-Potenzial nachhaltig zu stärken.

 

Lesen Sie im Artikel Wie Leader durch Feedback wachsen, wie Sie als Führungskraft konstruktives Feedback einholen, annehmen und Ihre Fähigkeiten dadurch weiterentwickeln.

 

Positives Leadership in Kultur und Werten verankern

Jedes Unternehmen sollte eine Kultur etablieren und authentisch leben, die positives Führungsverhalten bestärkt und gleichzeitig destruktives Leadership deutlich zum No-Go erklärt. Ein generell wertschätzendes und respektvolles Miteinander auf allen Ebenen ist dafür eine unverzichtbare Voraussetzung. Es sollten verbindliche Werte und darauf abgestimmte Führungsbilder erstellen werden, an die sich wirklich alle zu halten haben – nötigenfalls mit sinnvoller Unterstützung wie Trainings zu Verhaltensweisen oder dem richtigen Mindset. Wichtig ist dann immer auch, dass die Unternehmensleitung tatsächlich mit Konsequenzen reagiert, wenn Führungskräfte und auch einzelne Mitarbeitende gegen die etablierten Werte verstoßen.

Leadership-Erfolge richtig messen

Ein Leader ist eben längst nicht nur dann gut, wenn sein Team die gewünschten Erfolge erreicht oder sogar übertrifft. Darum sollten möglichst weit neben der offensichtlichen Erfolgsbilanz auch weitere Indikatoren des Führungsverhaltens gemessen werden: z. B. die Ergebnisse eines 360° Leadership Feedbacks, die Mitarbeitenden-Zufriedenheit im Team und auch Fluktuationsraten.

Über den Autor Boris Kasper

Boris Kasper ist Diplom-Psychologe, Trainer und Coach, Change- und Business-4.0-Experte, Konflikt-Moderator und Mediator, Referent und Moderator. Oder kurz gesagt: Progress Professional – Profi für Fortschritt. Weil er mit seinem Team unternehmerischen, persönlichen und gemeinschaftlichen Fortschritt machbar macht.

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